Essener Broschüre zur „Clankriminalität“ voller rassistischer Stereotype

Essener Broschüre zur „Clankriminalität“ voller rassistischer Stereotype

Eine Mischung aus „Der Pate“ und „Expeditionen ins Tierreich“

schreibt  Deniz Yücel   am 22.9.2020 zur Broschüre in der WELT nach seinen Recherchen in Essen zum Thema rassistische Polizeigewalt.


„Die Polizei Essen weist die Rassismus-Vorwürfe zu der Broschüre gegenüber dem WDR zurück und will das Heft weiterhin intern verwenden.“

https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/polizeipraesident-essen-ruecktrittsforderung100.html


Eine Analyse der ANTIFASCHISTISCHEN LINKEN MÜNSTER

Haltlose Vorwürfe? Wir denken nicht. Eine Analyse der Dienstbühl-Richter-Broschüre zur „Clankriminalität“.
Im Vorwort wird das Framing gesetzt: „Arabische Familienclans“ sind das Feindbild. Diesen – ohne dass sie näher definiert würden – soll klar gemacht werden: Der „Rechtsstaat“, d.h. die Polizei, setzt die gesellschaftlichen Maßstäbe. Die Polizei agiert hier klar politisch.
Das Feindbild „Clan“ wird konsequent verwendet. Es ist durchgehend von einem „Wir“ und einem „sie“ die Rede. Die Polizei als neutrale Instanz konstruiert hier einen Konflikt mit sich (und der weißen Mehrheitsgesellschaft) auf der einen und den „Fremden“ auf der anderen Seite.
Dienstbühl & Richter ist klar, dass sie hier pauschalisieren & kriminalisieren. Das tun sie bewusst, weil es sein „muss“. Und weil nicht kriminelle Mitglieder ähnliche „Denkmuster“ aufweisen & zu oft (gegenüber der Polizei) „schweigen“. Sippenhaft als grundlegende Methode.
RacialProfiling bzw. EthnicPofiling sei das nicht. Dienstbühl & Richter führen aber dennoch auf einer Seite nochmal die historische „ethnografische Zusammensetzung“ der „Clans“ auf und leitet daraus „Erkenntnisse“ ab.
Es folgen Abhandlungen zum vermeintlichen Rollen- und Geschlechterverständnis von „Clans“. Hier werden samt & sonders jegliche rassistische Stereotypen der letzten Jahrzehnte reproduziert. Natürlich ohne Belege, die es für diese widerlegten „Thesen“ auch schlichtweg nicht gibt.
Eine Abhandlung zum Islam soll erklären, warum dieser zur „Rechtfertigung“ „unislamischer Vorgehensweise“ von den „Clans“ herangezogen wird. Sie bleibt aber inhaltlich unter dem Level eines Referates der 3. Klasse und vor allem inhaltlich verkürzt, falsch & diskriminierend.
Dann wird eine pauschale „Parallelgesellschaft“ konstruiert & mit Schreckensbildern ausgeschmückt. Rassistische Narrative, die von der extremen Rechten bekannt sind. Wieder ohne Belege, aber mit konsequentem „Wir gegen Die“-Feindbild. („Stamm vs westliche Gesellschaft“)
Entgegen dem eigenen Anspruch, kein EthnicProfiling zu betreiben, folgt eine Seite über „Merkmale kurdischer Clans“. Eine Antwort, warum diese pauschalen rassistischen Zuschreibungen hier für „Kurden“ gelten sollen, bleiben Dienstbühl & Richter schuldig.
Danach folgt die Feindanalyse. Zuerst: „Wünsche“ & „Ängste“. Eine Zusammenstellung übelster Unterstellungen bis zum Vorwurf, grundlegend „Rache an Deutschland üben zu wollen“. Die Broschüre erreicht hier endgültig das Niveau von NPD & anderen Neonazis.
Dann gehen Dienstbühl & Richter zum Angriff über: „Schwachstellen & Optionen zur Bekämpfung“ werden vorgestellt. Letztere sind vor allem repressiv ausgelegt. Im Nachsatz wird deutlich: Es geht um „Zerürbung eines Gegners“, ums „Gewinnen“, nicht um Senkung von Kriminalität.
Es folgen „Reizfaktoren“: Einsatzmittel & -methoden, die „Clanmitglieder“ besonders empfindlich treffen sollen. Zum Beispiel: Hunde auf sie zu hetzen oder sie durch weibliche Beamtinnen gezielt zu demütigen. Im Krieg der Polizei Essen ist anscheinend jedes Mittel recht. Hochzeitsfeiern werden als „besondere Einsatzlagen“ bewertet. Und vor allem als „Provokation“ gegenüber dem Staat und als „Machtdemonstration“. Neben Repression sehen Dienstbühl & Richter hier auch gute Gelegenheiten dafür, ganze Familien auszuspionieren.
Es folgt eine Analyse von Gruppen innerhalb der „Clans“ & Präventionsmöglichkeiten. Dabei gilt: Je älter, desto mehr Kriminalisierung/Pauschalisierung. Und Prävention würde ohne Repression nicht funktionieren. Sie ist also maximal sekundär sinnvoll. Das folgt der Kriegslogik.
Im Fazit verkürzen Dienstbühl & Richter nochmals:
„Clans“ befinden sich pauschal im „Krieg“. Sie hätten einen „Eroberungswillen“. Der Staat wäre zu „inkonsequent“. Prävention hat keine Erfolgsaussicht. Sie unterlegen dies mit Boulevard-Schlagzeilen. Bezeichnend.
Unser Fazit: Die Broschüre der Polizei Essen zur „Clankriminalität“ reproduziert rassistische Narrative, indem sie soziale Konflikte ethnisiert und nicht-weiße Menschen anhand ihrer „Herkunft“ diskriminiert. Sie könnte aus der Feder der extremen Rechten stammen.
Die Broschüre konstruiert einen „Krieg“ zwischen der Polizei und Teilen der Gesellschaft in dem fast jedes Mittel Recht wird. Verhältnismäßigkeit & Prävention werden zu „Schwäche“. Polizeigewalt ist die logische Konsequenz dieser Broschüre.
Die Dienstbühl-Richter-Broschüre der Polizei Essen ist wissenschaftlich nicht haltbar. Sie ist kein Forschungsergebnis sondern eine politische Auftragsarbeit. Und so sollte sie gelesen werden. Oder eben auch nicht. Sie darf nicht weiter verwendet werden.

Disclaimer: Die Polizei Essen hat die Broschüre selbst veröffentlicht. Quelle: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/11562/4717559


Das Siebte Flugblatt schreibt dazu auf Facebook:

RASSISTISCHE HANDREICHUNG VON RECHTER POLIZEIAKTIVISTIN AUFGETAUCHT: RECHTSSTAAT ODER RECHTER STAAT?
Ein internes Papier der Polizei Essen über angebliche Clan-Kriminalität, verfasst von der neurechten Polizei-Funktionärin und Dozentin Prof. Dr. Dorothee Dienstbühl (Das Siebte Flugblatt berichtete zuletzt hier: https://www.facebook.com/DasSiebteFlugblatt/posts/2378605422443613, zuvor hier: https://www.facebook.com/DasSiebteFlugblatt/posts/2331071607196995), ist kürzlich aufgetaucht und zeigt eine schockierende Normalität rassistischer Denkmuster in manchen Polizeikreisen.
Das Problem ist nicht nur, dass Dienstbühl zwar DIE selbsternannte Clan-Expertin in Deutschland ist, und aufgrund mangelnder journalistischer Hinterfragung, auch in den Ö.R. immer wieder ein Forum erhält, jedoch zu dem Thema niemals selbst wissenschaftlich geforscht hat und dafür auch gar nicht ausgebildet ist.
Überhaupt gibt es zur angeblichen Clan-Kriminalität nahezu keine objektive wissenschaftliche Evidenz – in welchem Umfang sich es dabei möglicherweise um ein reines kriminalistisches Konstrukt handelt, weiss niemand.
Es ist eine Materie die zum Großteil rein spekulativ ist.
Dienstbühls zahlreiche Arbeiten zum Thema, sind letztlich nicht mehr als ein pseudo-fachlicher, rationalisierter, pseudo-sachlich argumentierter Überbau für eine willkürliche Sammlung aus dem Polizeidienst übernommener Ressentiments.
Unstrittig ist jedoch, dass Sippenhaft und verwandte Techniken in der Bundesrepublik Deutschland illegal sind.
Die in Frage stehende interne Handreichung allerdings, die aktuell Anwendung findet, ist ein Pamphlet das vor strukturellem Rassismus nur so brummt, und das rechtsstaatliche Grundprinzipien für bestimmte Personengruppen auf der Basis von Ethnie aushebeln und auch andere staatliche Einrichtungen missbrauchen will um ganze Familien zu kujonieren – wohlgemerkt völlig unabhängig von Straftaten oder Fehlverhalten.
Der Rassismus der Dienstbühl ist mit solcher Selbstverständlichkeit vorgetragen und wird mit solcher Selbstverständlichkeit in Polizeifachkreisen – unkritisch – verbreitet, dass es einem den Atem nimmt.
***
Dort heißt es z.B.:
„Im nachfolgenden handelt es sich um eine notwendige Kollektivbetrachtung… […]
Auf eine stetige Abgrenzung zwischen Clan-Mitgliedern, die kriminell in Erscheinung getreten und solchen, die es nicht sind, muss an dieser Stelle verzichtet werden. Zum einen, weil grundlegende Denkmuster häufig auch bei Familienmitgliedern verankert sind, die nicht kriminell auffällig sind, und zum anderen weil auch bei Kenntnis über Kriminalität einzelner Familienmitglieder der Rest schweigt.«
***
Ist das noch ein Rechtsstaat oder schon ein Rechter Staat, eine weiße „Bananen“republik, in der Rassismus ein normales polizeiliches Arbeitswerkzeug darstellt?
Auch der Gebrauch des Begriffes „Araber“ bzw. „Araber-Clan“ ist in höchstem Maße fragwürdig und in seiner Homogenisierung vielsagend.
„Araber“ beschreibt keine homogene Ethnie mit nur einer Nationalität, Tradition und Kultur – der Begriff bezeichnet die Angehörigen einer ganzen Sprachfamilie, die in 24 völlig unterschiedlichen Staaten mit völlig unterschiedlicher Geschichte und Gesellschaft auf zwei Kontinenten leben, die Diaspora ausgenommen (https://de.wikipedia.org/wiki/Arabische_Welt…)
Er beschreibt 423 Millionen Menschen. Für Frau Dienstbühl sind diese Menschen prädominant kriminell und alle gleich.
Und weil das so ist – und es kann bei einer neurechten Schlüsselfigur ja auch nicht verwundern – schreibt Dienstbühl , unter Missbrauch ihrer Ämter, dann eben eine derart rassistische interne Handreichung, die nicht anderes darstellt als eine offen faschistoid argumentierende Anleitung zur anlasslosen, präventiven Schikane einer ganzen Bevölkerungsgruppe – weit außerhalb rechtsstaatlicher Prinzipien.
Die Handreichung erfuhr scharfe Kritik vom „Forschungsnetzwerk Sicherheit & Polizei“: https://twitter.com/sichpol/status/1309057897897299969….
…. und der beruflichen Interessenvertretung PolizeiGrün, einer liberalen Minderheit im Polizeiwesen, die schreibt, Zitat:
„Es ist nicht das erste Papier dieser Frau, das erschütternd unwissenschaftlich ist. Denkwürdig der Artikel in der #GdP Mitgliederzeitschrift. (ab)“
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Es wird Zeit, dass Polizei-Dozentin und -funktionärin Dorothee Dienstbühl endlich ihrer Ämter enthoben wird.
Es wird Zeit, dass ihr nicht weiter ermöglicht wird junge Polizeibeamte zu rassistischen Denk-und Handlungsmustern hin auszubilden, wie sie es, unbehelligt von der Öffentlichkeit und den Institutionen dieses Staates, zu viele Jahre lang tun konnte.
„Kulturalität beeinflusst das Gefüge und damit auch die Kriminalität. Dies muss man aussprechen und auch behandeln können, ohne sofort des Rassismus und der Diskriminierung bezichtigt zu werden.“ so Frau Dr. Dienstbühl.
Gut, sprechen wir es aus:
Sie, Frau Dr. Dienstbühl, sind eine Weiße, reaktionäre Rassistin, ein Musterbeispiel für Weiße Ignoranz, die sich, unter Ausnutzung Weißer Privilegien, ein Betätigungsfeld in einem prädominant rechten Berufsstand gesucht hat, wo Sie ihren Rassismus über Jahre hinweg ungestört, ja sogar mit sicherer Zustimmung, indoktrinieren konnten.

Es wird Zeit, dass unser Staat Ihnen endlich das Handwerk legt.


Artikel in der Jungle World:

»Arabische Familienclans – Historie. Analyse. Ansätze zur Bekämpfung«, so lautet der Titel einer internen Broschüre der Polizei Essen. Verfasst hat sie Dorothee Dienstbühl, eine Kriminologieprofessorin an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung in Mülheim. An die Öffentlichkeit gelangten Ausschnitte des Dokuments durch Recherchen von Welt und Neues Deutschland. Von der »verbreiteten Angst vor Hunden« bei Clanmitgliedern ist darin die Rede, weshalb sich ein Hunde­einsatz anbiete; die »Verletzung und Schwächung der Männlichkeit« durch Beamtinnen wird ebenso empfohlen wie ein hartes Vorgehen etwa der Jobcenter gegen Clanmitglieder. Der nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Serdar Yüksel (SPD) bezeichnete die Broschüre als ein »Sammelsurium von Stereotypen« und kritisierte eine »rassistische Komponente«. Die Polizei hat das vollständige Dokument infolge öffentlichen Drucks Ende September veröffentlicht, es soll weiterhin benutzt werden.

Mit dem Begriff »unkontrollierte Grenzöffnung« verwendet die Kriminologin Dienstbühl ein Schlagwort, das die AfD 2015 zur Stimmungsmache nutzte.

Die Broschüre ergänzt das Bild, das die Essener und Mülheimer Polizei in jüngster Zeit abgegeben haben. Ein Zufall deckte Mitte September auf, was Kritiker des Essener Polizeipräsidiums, dem die Mülheimer Polizei unterstellt ist, seit längerem vermutet hatten: ein rechtsextremes Netzwerk innerhalb der Behörde. Auf fünf rechtsextreme Chatgruppen stießen Bochumer Beamte bei Ermittlungen gegen einen Mülheimer Polizisten. Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) sprach von »übelsten neonazistischen« Inhalten, die auf sichergestellten Mobiltelefonen von Polizeibeamten gefunden worden seien. Es handelt sich um Bilder, die etwa Flüchtlinge in einer Gaskammer oder Erschießungen schwarzer Menschen zeigen.

»Ich habe schon angenommen, dass es ein strukturelles Rassismusproblem bei der Essener Polizei gibt«, sagt Anabel Jujol. Sie arbeitet beim Antirassismustelefon in Essen. Seit Monaten werden dort Menschen betreut, die Opfer rassistischer Polizeigewalt wurden. Viele Fälle werden öffentlich bekannt, weil Betroffene sich in sozialen Medien dazu äußern.

Millionen Menschen sind beispielsweise auf Instagram auf den Fall von Omar Ayoub aufmerksam geworden. Ende April hatte Ayoub dort schwere Vorwürfe gegen die Polizei erhoben: Seinen Schilderungen zufolge kamen am 25. April nachts um ein Uhr zwei Polizisten wegen einer gemeldeten Ruhestörung zur Wohnung seiner Eltern, wo er mit seiner schwangeren Frau und seiner Tochter zu Besuch war. Die Beamten forderten Einlass. Ayoub verweigerte dies und wollte die Tür wieder schließen. Ein Beamter stellte jedoch seinen Fuß in die Tür und verschaffte sich, Ayoub zufolge gewaltsam, Zutritt. Das Video bei Instagram zeigt die Verletzungen, die das dann folgende Vorgehen der Polizisten bei Ayoub und seiner Familie hinterließen. Dem 23jährigen wurde die Hand gebrochen, sein Rücken und seine Arme waren von Schürfwunden und Hämatomen übersät. Seine schwangere Ehefrau soll ­geschubst, seine ebenfalls anwesende 16jährige Schwester geschlagen worden sein, genauso wie sein Vater. Ayoub wurde anschließend wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte angezeigt. Der Jungle World sagte der junge Mann, die Polizisten hätten ihn während des Einsatzes auf rassistische Weise beleidigt. »Dreckslibanesen«, »ehrloser Kanake«, »Geht dahin zurück, wo ihr herkommt, ihr Tiere«, sollen die Beamten gesagt haben.

Die Essener Polizei schilderte den Fall in einer Pressemitteilung anders: »Bei dem Einsatz der Ruhestörung wurden die beiden eingesetzten Polizeibeamten massiv angegriffen und mehrere Familienmitglieder solidarisierten sich. Nur durch den Einsatz von ­Pfefferspray und dem Einsatzmehrzweckstock gelang es den Beamten, die Gruppe in die Wohnung zurückzudrängen und sich selbst in Sicherheit zu bringen.«

»Das Muster ist bekannt als Täter-Opfer-Umkehr«, sagt Jujol vom Antirassismustelefon. Bei Ayoub gehe es um Ruhestörung, also eine Lappalie, ergänzt sie. »Die Betroffenen werden als Aggressoren dargestellt, obwohl sie am Ende ins Krankenhaus eingeliefert werden. Das kann man nur machen, wenn man vorher rassistische Narrative gefestigt hat«, so Jujol.

Die Kriminologin Dienstbühl saß in Talkshows wie »Hart aber fair« als Expertin zur sogenannten Clankriminalität. In der 20seitigen Broschüre schreibt sie, der »umstrittene Clanbegriff« umfasse in erster Linie »arabischstämmige Familiengefüge, deren Mitglieder überproportional häufig in strafrechtlich relevante Erscheinung treten«. Besonders geht es um libanesische Kurden. »Anschließende Betrachtungen zu Familienstrukturen und Wirkungsweisen sind übertragbar auf andere Clange­füge, insbesondere solche aus dem islamischen Kulturkreis«, schreibt Dienstbühl weiter. Dem in Deutschland geltenden Individualstrafrecht läuft Dienstbühls »notwendige Kollektivbetrachtung« zuwider: »Auf eine stetige Abgrenzung zwischen Clanmitgliedern, die kriminell in Erscheinung getreten, und solchen, die es nicht sind, muss an dieser Stelle verzichtet werden.« Das kommt einem Generalverdacht aufgrund einer Familienzugehörigkeit gleich. Die Autorin führt auch Maßnahmen für den Kampf gegen die »Clans« an, wie etwa den gezielten Einsatz von Beamtinnen, die »den Mann dominieren« und in seiner Ehre »verletzen« sollten, oder den Einsatz von Hunde­staffeln, da Clanmitglieder Hunde als unreine Tiere fürchteten.

Auffällig ist die Verbindung zu Ayoubs Fall. »Angriffe auf die eigene Ehre« seien für Clanmitglieder »eine Gefahr für die eigene Position, schlimmstenfalls sogar das eigene Leben«, schreibt Dienstbühl. Beleidigungen gegen die Familie und gegen den Vater würden als solche Angriffe gesehen. Ayoubs Angaben zufolge bezeichneten die Beamten ihn als »ehrlosen Kanaken«. Die Gewalt traf neben dem 23jährigen vor allem den Vater. »Die Beamten haben unter sich geredet und meinten: ›Was ist das für ein Clan? Ja, Ayoub-Clan‹«, sagte der Betroffene der Jungle World bereits Ende April.

Dienstbühl schreibt zudem in der Broschüre, es gebe ein »ständiges Zurückgreifen auf die strategische Opferrolle«. Kriminelles Vorgehen werde als gerecht empfunden aus Rache für die schlechte Behandlung in Deutschland. Die Essener Polizei wiederum stellt Ayoub und seine Familie als Aggressoren dar, »die mit Faustschlägen auf die Beamten losgingen«. In der Broschüre wird jedes widerständige Verhalten – ob es sich um legales oder illegales handelt, wird nicht mehr unterschieden – als »Eroberungskampf« junger Männer dargestellt, die »die Grenzen des Staates offensiv übertreten«. Dienstbühl zufolge benötigen diese Männer »Konsequenzen nach Grenzüberschreitungen, engmaschige Kontrolle und Erfahrungen, wonach sie nicht stärker als der Staat sind«. Eine gebrochene Hand, Schürfwunden, Hämatome und Gewalt gegen eine ganze Familie könnten als solche »Konsequenzen« und »Erfahrungen« im Sinne der Broschüre interpretiert werden.

Dienstbühl, die auch als Extremismusbeauftragte ihrer Hochschule fungiert, verhält sich keinesfalls politisch neutral. In einem Interview mit der Welt sagte sie im Juli, die derzeitige Rassismusdebatte und antirassistische Proteste nützten »den Kriminellen« und schwächten den Staat. Wenige Tage nach der Bundestagswahl 2017 publizierte sie einen Aufsatz im Fachmagazin Sicherheitsmelder. »Ja, die Menschen und sicher insbesondere diejenigen, die die AfD gewählt haben, haben Angst und sind wütend«, schreibt sie darin. Es seien die Taten und Versäumnisse »der etablierten Parteien, die den Wunsch nach einer ›echten Opposition‹ in der Gesellschaft aufkeimen lassen«, etwa »die Flüchtlingskrise und die unkontrollierte Grenzöffnung«. Hier verwendet Dienstbühl ein Schlagwort, das die AfD 2015 zur Stimmungsmache nutzte. Eine »unkontrollierte Grenzöffnung« hat es nicht gegeben. Die innereuropäischen Grenzen waren damals offen.

Der Artikel des Duisburger Journalisten Dennis Pesch erschien in der
Jungle World am 1.10.2020
https://jungle.world/artikel/2020/40/ein-clan-uniform?fbclid=IwAR1upT0QQE3sSvrhcrAJOr4Mj_u35cC-2jjs6Y0ncYDbxpo6HcO2t3tk9Jk

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